(NZZ – MEINUNG & DEBATTE – Samstag, 17. Juli 2021, Seite 21)
Die in der Politik gebräuchliche Unterscheidung von «links» und «rechts» führt in die Irre, weil sie auf einer fragwürdigen Vorstellung von Fortschritt und Bewahrung basiert. Gastkommentar von Robert Nef
Links gilt als fortschrittlich, gemeinschaftsbezogen und veränderungsfreudig, als pro Umverteilung und pro internationale Vernetzung – rechts gilt als konservativ, individualistisch, als pro Privateigentum, pro offene Märkte und pro nationale Souveränität. Das ist das klassische Schema der Charakterisierung von Parteien, das sich seit der Französischen Revolution eingebürgert hat.
Die Rechten, die am Alten festhalten wollten, waren damals die Anhänger des Feudalismus – eine inzwischen obsolet gewordene Option, es sei denn, man gehe davon aus, dass die ehemaligen Feudalherren durch die heutigen Bürokraten in der Zentralverwaltung abgelöst worden seien. Aber diese würden sich heute vielerorts vehement gegen die Bezeichnung «rechts» wehren.