Warum unsere Gefühle den Verstand verloren haben
Auf Langeoog blockieren Touristen Rettungswägen, weil sie mit klimaschädlichem Diesel fahren. Die Deutsche Bahn muss einem männlichen Zuggast Schmerzensgeld zahlen, nachdem sie ihn mit «Herr» angesprochen hat, er sich aber als Frau identifiziert. In Krefeld wollte ein Iraner mit 27 verschiedenen Identitäten ein Kino anzünden. Vermutlich war ihm der Ticketpreis für so viele Personen zu hoch.
DER WISSENSCHAFTSKABARETTIST BLICKT AUF SEIN LAND UND FRAGT SICH: WOT SE FACK?
Die Welt ist aus den Fugen geraten, nachdem Gefühle mehr zählen als Fakten. Vince Ebert beschreibt, wie heute Politik und Ideologie über Wissen und Tatsachen gestellt werden. Der Zeitgeist hat sich mehr und mehr von der Wissensgesellschaft und einer offenen Debattenkultur verabschiedet. Ebert nimmt diese Entwicklung aufs Korn, ordnet sie historisch ein und fordert eine Renaissance der Aufklärung: zurück zum gesunden Menschenverstand und raus aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit.
«Wot se fack» – ein Weckruf für das, was unsere abendländische Kultur ausmacht: Rationalität, Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit. Oder wie es Kant formulierte: Habe Mut, Dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Auch dann, wenn du keinen hast.
Einige meiner Highlights aus dem Buch
Es hat sich eine Abkehr vollzogen von dem, was unsere Kultur im Kern ausmacht: der vernünftige Blick auf die Welt. Der war ein Erbe der Aufklärung, die uns gelehrt hat, selbstständig zu denken. — location: [82](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=82) ^ref-12408
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Der indische Philosoph Jiddu Krishnamurti sagt, die Fähigkeit, ohne jegliche Bewertung zu beobachten, ist die höchste Form der Intelligenz. Wenn das stimmt, sind wir derzeit alle geistige Stubenfliegen. — location: [142](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=142) ^ref-7796
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Das zentrale Element dieses Zeitgeistes ist die Überzeugung, dass die Dinge so sind, wie man sie fühlt. Dass also die Realität immer weniger durch Fakten und immer mehr durch Gefühle definiert ist. Man ist, wie man sich fühlt. Das ist das neue Credo. — location: [151](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=151) ^ref-3110
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Die Europäer, sagte der österreichische Philosoph Karl Popper, wurden von früh an geschult, alles infrage zu stellen. Selbstreflexion, Selbstkritik und die Suche nach Selbstverbesserung sind seiner Meinung nach die entscheidenden Elemente, die die westliche Zivilisation ausmachen. — location: [477](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=477) ^ref-55883
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»Wir müssen wieder zurück zur Natur«, sagen viele im Stil von Rousseau. »Wer braucht schon den ganzen größenwahnsinnigen Fortschrittswahn?« Reduzierung und Verzicht (oder neuhochdeutsch »Degrowth«) sind plötzlich angesagt. Bis man halt eine künstliche Hüfte braucht oder einen Bypass. Dann soll aber schon alles verfügbar sein. Ein Operationsraum mit Klimaanlage, Bakterienschleuse, Hightechplastik mit Nano-Partikeln und einem Kernspin. Alles auf dem neuesten Stand. Danach kann man ja zurück in die nette Altbauwohnung und ein weiteres Glas Bio-Rotwein trinken. — location: [652](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=652) ^ref-46974
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Der Medienwissenschaftler Norbert Bolz spricht sogar davon, dass sich in unserer Gesellschaft Stück für Stück eine Tyrannei der Wehleidigen etabliert hat, die ihre Aggressivität als Notwehr verkaufen, um ihren Willen durchzusetzen. — location: [923](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=923) ^ref-45028
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»Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen«, soll angeblich Voltaire gesagt haben. Aber das war ein alter weißer Mann. — location: [932](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=932) ^ref-28926
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Dass die Meinungsfreiheit auch von links unter Druck geraten kann, ist für viele offenbar neu. Vor Kurzem erst erklärte mir ein linker Kabarettkollege, so etwas wie »Cancel-Culture« sei ein »rechtes Narrativ«. Es existiert nicht. »Und wer etwas anderes behauptet, den entfernen wir aus dem öffentlichen Diskurs …« — location: [951](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=951) ^ref-59929
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Die frühere US-Außenministerin Condoleezza Rice, die heute in Stanford lehrt, wird deutlicher: »Politische Korrektheit ist eine ernst zu nehmende Bedrohung für die Existenz von Universitäten. Wenn ich höre, dass sich Studenten wohlfühlen wollen, hört bei mir der Spaß auf. Es ist nicht meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich Leute in meinen Kursen wohlfühlen, im Gegenteil – es ist mein Job, sie dazu zu bringen, die Wohlfühlzone zu verlassen. Sie müssen sich mit Ideen auseinandersetzen, die nicht in ihr Weltbild passen.«[44] — location: [969](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=969) ^ref-6412
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Churchill hat mal gesagt: »Ich sammle Witze, die Menschen über mich machen.« Darauf soll Stalin geantwortet haben: »Ich sammle Menschen, die Witze über mich machen.« — location: [1005](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1005) ^ref-65204
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Frauen lieben den Film Pretty Woman. Aber sie hassen es, wenn du auf ihrer Geburtstagsparty mit deiner Stammprostituierten auftauchst. — location: [1011](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1011) ^ref-6070
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Heute haben Kinder in diesem Alter schon mehr von der Welt gesehen als unsere Eltern in ihrem ganzen Leben. Und wenn unsere Großväter überhaupt mal ein fremdes Land besucht haben, dann hieß das nicht »in den Urlaub fahren«, sondern »einmarschieren«. — location: [1206](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1206) ^ref-18439
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Allein das Wort »Trauma« wird inzwischen so inflationär gebraucht, dass es völlig an Wert verloren hat. Früher hatte man ein Trauma, wenn man aus dem Krieg kam oder eine Hungersnot überlebt hatte. Heute ist man traumatisiert, wenn man einen Text ohne Binnen-I und Gendersternchen lesen muss oder aus Versehen laktosehaltige Milch getrunken hat. — location: [1244](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1244) ^ref-39768
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Ich komme aus einer Zeit, da wurde gegessen, was auf den Tisch kam. Und da verging selbst mir das Lachen. Bei meiner Oma gab es Presskopf, Kuttelsuppe oder Blut-Gulasch. Und wenn etwas übrig blieb, verwendete es mein Vater zum Abbeizen von Möbeln. — location: [1258](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1258) ^ref-43178
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Neulich sah ich, wie ein Vierjähriger vor einem Aquarium stand und versuchte, die Fische größer zu zoomen. — location: [1441](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1441) ^ref-49227
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Was macht uns menschlich? Empathie? Liebe? Verantwortungsgefühl? Nein. Inzwischen ist es die Fähigkeit, auf einem Monitor alle Bilder mit einem Fahrrad anklicken zu können. — location: [1443](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1443) ^ref-24859
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Vor einiger Zeit las ich, dass 50 Prozent aller Frauen lieber einen Monat auf Sex als auf ihr Smartphone verzichten würden. Kein Wunder, denn in puncto Kommunikation, Optik und Benutzerfreundlichkeit sind Smartphones vielen Männern haushoch überlegen. Inzwischen existiert sogar ein Wort für die Angst, von seinem Smartphone getrennt zu sein: Nomophobie (»No-Mobile-Phone-Phobia«). Für die Angst, von seinem Partner getrennt zu sein, gibt es meines Wissens keinen Fachbegriff. — location: [1471](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1471) ^ref-28440
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Von dem Komiker Jerry Seinfeld stammt der kluge Witz: »Studien zufolge ist die größte Angst des Menschen das Sprechen in der Öffentlichkeit. Erst an zweiter Stelle kommt die Angst vor dem Tod. Daher ist es bei einer Beerdigung für die allermeisten angenehmer, im Sarg zu liegen, als die Trauerrede zu halten.« — location: [1594](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1594) ^ref-9254
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Ein weiteres seltsames Merkmal der jungen Generation ist ihr zunehmender Hang zur Regeltreue, wie der Generationenforscher Rüdiger Maas beobachten konnte. Junge Menschen werden nicht nur braver, sondern streben wie keine andere Generation vor ihnen in die Anpassung, in den Konformismus. — location: [1626](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1626) ^ref-62248
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Angenommen, es hätte vor fünfhundert Jahren schon ChatGPT gegeben. Dann hätte uns dieses Wunderding vollkommen nachvollziehbar und widerspruchsfrei erklärt, warum sich die Sonne um die Erde dreht. Denn ChatGPT liefert keine neuen, überraschenden Ideen. Es durchforstet das Netz nach Informationen, die sowieso schon vorhanden sind, und spuckt etwas aus, was sich nach eigenen Gedanken anhört. Künstliche Intelligenzen simulieren selbstständiges Denken. In Wahrheit jedoch sind sie nichts weiter als ein Gradmesser der aktuellen Unwissenheit. Und wenn Sie dem System eine politisch unkorrekte Frage stellen, wie zum Beispiel: »Hat der Prophet Mohammed eigenhändig Menschen getötet?«, dann druckst die Maschine um eine konkrete Antwort ähnlich diffus herum wie die Antirassismus-Beauftragte der Bundesregierung. Kein einziger Algorithmus kann uns so etwas Fundamentales wie kritisches Denken abnehmen. Weil ein Algorithmus nicht denkt. Eine Maschine ohne Bewusstsein kennt keine Kreativität, keine Neugier und keine Fantasie. Sie kann uns zwar viel zeigen, aber sie hat uns nichts zu sagen. Sie ist wie die französische Schlagersängerin Mireille Mathieu: Die sang glühende Liebeslieder auf Deutsch – und verstand kein Wort davon. Daher sollten wir uns ernsthaft fragen, wie wir in Zukunft mit diesen Technologien umgehen wollen. — location: [1749](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1749) ^ref-20299
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Dazu eine kleine Denksportaufgabe: Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen 1,10 Euro. Der Schläger ist um einen Euro teurer als der Ball. Wie viel Cent kostet der Ball? Wenn Sie nach ihrem Gefühl gehen, ist die Antwort klar: zehn Cent. Bei längerem Nachdenken werden Sie merken, dass die richtige Antwort »fünf Cent« lautet. — location: [1773](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1773) ^ref-32186
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Auch mein Vater ist ein einfacher Mann aus der Arbeiterklasse, der mit erzkonservativen Werten aufgewachsen ist. Trotzdem ist er in vielen Dingen erstaunlich tolerant. Neulich erst verriet er mir: »Ich find’s eigentlich okay, dass Schwule heirate dürfe.« »Echt jetzt?«, fragte ich überrascht. »Klar doch. Wenn sie e nette Frau finde, warum denn nit …?« — location: [1999](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=1999) ^ref-40107
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Wer denken will, muss fühlen. Aber wer zu viel fühlt, kann nicht mehr denken. — location: [2127](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2127) ^ref-59603
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»The truth will set you free. But first it will piss you off«, wusste schon die US-Schriftstellerin Gloria Steinem.[108] — location: [2142](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2142) ^ref-51024
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Wenn jedoch aus meiner Toleranz gegenüber einer aus biologischer Sicht sehr speziellen »Wahrheit« eine Verpflichtung werden soll, dann ist mit meiner Toleranz schlagartig Schluss. Ein Mann, der sich als Frau fühlt, kann mich bitten, ihn als Frau anzusprechen. Sobald er aber von mir verlangt, dass ich selbst glauben muss, es handele sich bei ihm tatsächlich um eine Frau, wird er übergriffig. — location: [2494](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2494) ^ref-29496
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Vor einiger Zeit sagte Barack Obama in einer viel beachteten Rede: »Wenn jede Nation auf der Erde von Frauen geführt würde, würde sich auf ganzer Linie nahezu alles deutlich verbessern.«[132] Damit sprach der ehemalige US-Präsident vielen modernen Menschen aus der Seele. Eigentlich sind Frauen die besseren Männer. Aber leider dominieren an den Schaltstellen der Macht immer noch männliche Alphatiere, wie man gut an Ursula von der Leyen sehen kann. — location: [2533](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2533) ^ref-12502
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Aber als Träger eines Y-Chromosoms kann ich sagen: So wahnsinnig lustig, in einer Leistungsgesellschaft ein Mann zu sein, ist es auch nicht. Wir alle wissen: Die tollen Frauen können sich den Typen aussuchen. Und sie suchen sich nicht den Loser aus. Ich jedenfalls habe noch nie eine Frau gehört, die gesagt hat: »Also, seit de Günther auf Hartz IV is, hat uns des viel enger zusammegebracht …« — location: [2720](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2720) ^ref-24735
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Ja, auch Sie, liebe Leserin, lieber Leser, könnten unbewusste Vorurteile gegenüber Minderheiten haben. Vielleicht sind Sie sogar ein Rassist und wissen es nicht einmal. Um das herauszufinden, empfehle ich den »Harvard Implicit Association Test«, den Sie auf www.projectimplicit.net schnell und unbürokratisch durchführen können. In dem Test wird gemessen, wie schnell Ihr Unterbewusstsein optische Eindrücke mit bestimmten Begriffen assoziiert. — location: [2794](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2794) ^ref-20369
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Laut Schätzungen beträgt der Anteil der Leute, die sich als Teil einer diversen, bunten Regenbogenfamilie begreifen, bei etwa 8 Prozent. Im Gegenzug heißt das: 92 Prozent der Menschen in westlichen Ländern können mit diesem Lifestyle wenig anfangen.[164] Die allermeisten davon lehnen Vielfalt nicht ab. Sie sind nur genervt, von einer pseudoliberalen Minderheit missioniert zu werden. — location: [2897](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2897) ^ref-28130
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Bemerkenswert ist, worum es bei dem ganzen Hype um Vielfalt und Buntheit nicht geht: um die Vielfalt von Meinungen und Ansichten. Die richtige »Haltung« ist viel wichtiger. Ein Begriff, der ein wenig an die Viehzucht erinnert. Man gibt Tieren einen begrenzten Raum, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen. So gesehen bedeutet Diversity: Alle denken das Gleiche, aber sehen dabei möglichst unterschiedlich aus. — location: [2902](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2902) ^ref-45315
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Was ist diverser: zehn weiße, heterosexuelle Männer, die in einem Projekt zehn unterschiedliche Sichtweisen einbringen, oder zehn Personen, die sich in Geschlecht, Hautfarbe, Religion und sexueller Orientierung unterscheiden, aber alle in die gleiche Richtung denken? — location: [2908](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=2908) ^ref-44785
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Das Einzige, was viele Deutsche über Ökonomie wissen, ist, dass ein billiges Kondom mehr kosten kann als ein teures. — location: [3026](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3026) ^ref-32952
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Eine Analyse von 2024 ergab: Aus deutschen Schulbüchern erfahren Kinder praktisch nichts über grundsätzliche ökonomische Mechanismen. Wenn überhaupt, werden unternehmerische Aktivitäten und Dynamiken negativ dargestellt, der Staat als Lösung wirtschaftlicher Probleme wird teilweise grotesk überbetont, Globalisierung und Freihandel werden entgegen allen ökonomischen Fakten als tendenziell problematisch beschrieben.[170] — location: [3027](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3027) ^ref-58881
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Warum mögen so viele Intellektuelle den Kapitalismus nicht? Vielleicht, weil auf dem freien Markt eine 300-seitige Abhandlung über die zweite Lautverschiebung im Mittelhochdeutschen weniger einbringt als Cheri Cheri Lady. — location: [3048](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3048) ^ref-17652
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Es ist paradox, dass viele Linke einerseits Charles Darwin bewundern und die Idee eines intelligenten Designers in der Evolution für Unsinn halten (was es natürlich ist); andererseits halten sie Adam Smith, der in der Ökonomie ein ähnlich evolutionäres Prinzip erkannt hat, für einen Wirrkopf. In der Ökonomie verhalten sie sich wie Kreationisten, die den Staat als intelligenten Designer anbeten, der alles regelt und steuert. — location: [3069](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3069) ^ref-14620
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Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich von Hayek sagte einmal: »Ökonomie besteht darin, dem Menschen vor Augen zu führen, wie wenig er wirklich über das weiß, was er planen zu können glaubt.« Das gehört zum Intelligentesten, was je über Ökonomie gesagt wurde. Und das von einem Österreicher. Das könnte auch der Grund sein, warum so viele Bürokraten und Politiker eine Skepsis gegenüber freien Märkten hegen. Weil ihnen der freie Markt zeigt, dass viele Dinge ohne sie besser laufen würden. Und niemand geht schließlich in die Politik, weil er überflüssig erscheinen möchte. — location: [3073](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3073) ^ref-27795
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Es gibt kein ernst zu nehmendes liberales Wirtschaftssystem, das komplett ohne staatliche Regelungen auskommt. Die Frage ist also nicht, ob, sondern in welchem Ausmaß staatlicher Einfluss auf wirtschaftliche Vorgänge stattfinden sollte. Das ist in der Tat nicht einfach zu beantworten. Greift man zu wenig ein, riskiert man – ähnlich wie in freier Wildbahn –, dass die Schwächsten von den Stärksten gefressen werden. Regelt man zu viel, unterdrückt man Eigeninitiative und Leistungsbereitschaft. — location: [3135](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3135) ^ref-16388
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Inzwischen leben wir in einer globalisierten Welt. Mittelalter und Moderne liegen heute gerade mal drei Flugstunden voneinander entfernt. In Berlin sogar oft nur drei Querstraßen. Wenn auf dem Ku’damm eine voll verschleierte Muslima zu Louis Vuitton geht und sich dabei auf ihrem iPhone 16 Pro Max eine öffentliche Auspeitschung in Kabul anschaut, dann liegt darin der gesamte Irrsinn unserer Zeit. — location: [3292](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3292) ^ref-28295
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Für die historische Linke ist Religionskritik seit jeher ein zentrales Thema. Viele ihrer Protagonisten, von Ludwig Feuerbach bis Jean-Paul Sartre, wiesen in ihren Schriften auf die Irrationalität und die Gefährlichkeit von religiösem Fundamentalismus hin und propagierten ein aufgeklärtes, rationales Weltbild. Heute wird dieses politische Lager, wenn es um eine bestimmte Religion geht, plötzlich still. Der Islam ist von linker Religionskritik nahezu komplett ausgenommen. Einige Ikonen romantisieren und verklären sogar dessen Ausprägungen. So schwärmt Judith Butler von der Burka: Sie »symbolisiert, dass eine Frau bescheiden ist und ihrer Familie verbunden; aber auch, dass sie nicht von der Massenkultur ausgebeutet wird und stolz auf ihre Familie und Gemeinschaft ist«.[205] Falls der aufgeklärte Westen irgendwann untergehen sollte, dann vermutlich nicht wegen der Radikalität seiner Feinde, sondern aufgrund seiner eigenen Naivität. — location: [3375](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3375) ^ref-59345
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Für die meisten Deutschen ist die Eröffnung der Spargelzeit wichtiger als das Gedenken an die Deutsche Einheit. Kein Wunder, denn jedes Jahr am 3. Oktober werden immer wieder aufs Neue die grausamen Bilder von David Hasselhoff ausgestrahlt, der beim Mauerfall I’ve been looking for freedom singt. — location: [3437](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3437) ^ref-48919
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Vor einiger Zeit unterhielt ich mich mit einem Deutschtürken der dritten Generation. »Im Herzen fühle ich mich nicht als Deutscher, sondern immer noch als Türke«, verriet er mir. Das hat mich gewundert. »Aber Deutschland ist doch deine Heimat«, entgegnete ich. »Du bist hier geboren und zur Schule gegangen, sprichst akzentfrei Deutsch und hast einen guten Job. Warum fühlst du dich nicht als Deutscher?« Daraufhin entgegnete er: »Ihr Deutschen redet ständig von Integration. Aber in was genau sollen sich die Menschen denn hier integrieren? In ein Land, das sich eigentlich selbst nicht leiden kann? In eine Gesellschaft, die jegliche Form von Patriotismus sofort mit Nationalismus gleichsetzt? Ein Land, das seine Identität aus einem tief verwurzelten Schuldkomplex zieht, ist nicht sexy. Wenn ihr Deutschen nicht einmal stolz auf eure Errungenschaften seid, wie könnt ihr dann hoffen, dass wir Einwanderer es sein wollen?« — location: [3441](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3441) ^ref-45722
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Marxisten – so scheint es – brauchen Opfergruppen, um ihre Ideologie aufrechtzuerhalten. Bei Karl Marx bestanden die Opfer aus dem Proletariat, das seiner Auffassung nach durch die herrschende Klasse ausgebeutet wurde. Bei den heutigen Neo-Marxisten haben diese Aufgabe die Flüchtlinge übernommen. Sie instrumentalisieren die Zuwanderer. Und nicht zuletzt sind die vielen NGOs, die rund um das Thema Migration entstanden sind, auch ein lukratives Geschäftsmodell. — location: [3483](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3483) ^ref-15659
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Denn die Wissenschaft basiert auf der Suche nach dem Zweifel. Religionen dagegen basieren auf dem Zweifelsverzicht. »Was hat Gott eigentlich gemacht, bevor er die Welt erschaffen hat?«, habe ich als Kind unseren Pfarrer gefragt. Er blickte mich lange an und sagte: »Er hat die Hölle vorbereitet für Menschen, die so komplizierte Fragen stellen!« — location: [3594](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3594) ^ref-25849
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Es ist gespenstisch zu sehen, wie Teile dieses Landes die eigene Demontage geradezu herbeisehnen. Oder durch Untätigkeit und Duckmäusertum fleißig dazu beitragen. Der Sieg der Emotionen über die Vernunft, das gefühlige Salbadern statt rationaler Analyse, all das findet nicht nur in der Politik statt, sondern eben auch in der Wirtschaft, in den Medien und in der Mitte der Gesellschaft. Selbst das liberale Bürgertum hüllt sich in Schweigen und hofft, dass der Sturm der Irrationalität über es hinwegzieht. — location: [3661](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3661) ^ref-11608
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Die SPD von damals kämpfte für technischen Fortschritt und gegen den Einfluss von Religion. Heute kämpft sie gegen Kernenergie und für mehr Verständnis für den Islam. Es sind verstörende Zeiten. — location: [3680](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3680) ^ref-40652
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Wir sind von einem Land voller kluger Ingenieure und kühner Erfinder zu einem Volk von selbstgerechten Moralaposteln geworden. Von einer Wissens-Gesellschaft zu einer Besserwisser-Gesellschaft. — location: [3732](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3732) ^ref-65279
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Der von RAF-Terroristen ermordete Manager Alfred Herrhausen brachte es auf den Punkt: »Wir müssen das, was wir denken, sagen. Wir müssen das, was wir sagen, tun. Und wir müssen das, was wir tun, auch sein.«[221] — location: [3781](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3781) ^ref-32030
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Als ich 2019 im Rahmen meines USA-Aufenthalts einen Vortrag im Silicon Valley hielt, ist mir ein Gespräch mit einem Amerikaner besonders im Gedächtnis geblieben. Sinngemäß sagte er über uns Deutsche: »Ihr seid alle so zufrieden und habt keine Ambitionen mehr, es besser haben zu wollen. Eigenverantwortung ist bei euch nicht nötig, denn eure Politik kümmert sich sowieso um alles, und wo etwas nicht passt, schüttet ihr das Problem mit Geld zu.« — location: [3805](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3805) ^ref-24789
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Die Idee der Aufklärung ist die des Individualismus, der Selbstbestimmung und der Eigenverantwortung. Diese Werte sind die geistige Grundlage unserer europäischen Kultur. — location: [3839](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3839) ^ref-49857
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Laut der Verfassung sind Politiker nämlich nichts weiter als unsere Angestellten, das vergessen wir oft. Es sind keine Fürsten oder Lehnsherren, die uns in ihrer unermesslichen Gnade irgendwelche Rechte zugestehen, es ist genau umgekehrt. Wir, das Volk, und nicht irgendein Kasper in Berlin oder Brüssel, sind der Souverän dieses Landes. — location: [3852](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3852) ^ref-34966
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Seit jeher verorten wir unsere Parteien nach Kategorien wie »links« oder »rechts« oder »grün«. Aber nicht danach, ob sie sich einmischen oder nicht. Dass unser Land mit deutlich weniger Politik deutlich besser laufen könnte, ohne die vielen Eingriffe, Verordnungen und Regularien, wird von vielen als undenkbar abgetan. Kein Wunder, denn Dinge wie Eigenverantwortung und Freiheit haben bei uns keine große Tradition. Der liberale Grundgedanke war bei uns schon immer eine Randerscheinung. Liberal – das sind porschefahrende Juristensöhnchen oder Zahnarztgattinnen in Gucci-Kostümchen. Asozial, rücksichtslos und egoistisch. Dass es ein Gesellschaftsmodell ist, das auf den Werten der Aufklärung gründet, weil es auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit beruht, hat man in diesem Land nie so richtig verstanden. Freiheit ist uns Deutschen nicht so wichtig. Hauptsache, der Müll ist ordentlich getrennt. Deswegen ist es vermutlich auch kein Zufall, dass sich der Begriff »Dosenpfand« auf »Vaterland« reimt. Das kommt sogar in der Nationalhymne vor: »… ist des Glückes Unterpfaaand!« — location: [3858](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3858) ^ref-32792
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Seit ich denken kann, überfrachten wir die Politik mit so unglaublich hohen Erwartungen, dass sie im Grunde genommen nur scheitern kann. Und wenn sie es tut, sind wir enttäuscht und wenden uns einer anderen Partei zu, die uns wieder irgendwelche absurden Rundum-sorglos-Pakete verspricht. Die wahre Ursache für diese Krise liegt nicht an Frau Merkel, Herrn Habeck, Herrn Scholz oder Herrn Merz. Sie liegt an der jahrzehntelangen Weigerung von uns allen, Verantwortung für die eigene Lebensgestaltung übernehmen zu wollen. — location: [3867](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3867) ^ref-15657
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Das entscheidende Element unserer abendländischen Kultur ist also nicht unbedingt die Mitbestimmung, sondern die Selbstbestimmung. Die Idee, dass jeder Mensch ein individuelles Wesen darstellt, das sich vollkommen frei entfalten darf. — location: [3874](kindle://book?action=open&asin=B0DKTP1PS3&location=3874) ^ref-21330